Influencer – wer wir sind und was wir machen!

Was genau ist eigentlich ein Influencer?

Influencer sind Menschen (meistens der jüngeren Generation), die aufgrund ihrer starken Medienpräsenz Bekanntheit erzielen.

Wie bist du dazu gekommen?

Bei mir hat alles 2016 angefangen, als ich mich geärgert hab, dass nur große Menschen mit dem Modeln Geld verdienen können. Ich fand das unfair, weil man ja für seine Körpergröße nichts kann. Dann habe ich begonnen auf Miss Wahlen teilzunehmen und das ist übrigens gar nicht so oberflächlich wie viele denken. Während natürlich auf das Äußere geachtet wird, werden zum Beispiel auch politische Fragen von der Jury gestellt, die man innerhalb eines bestimmten Zeitraums beantworten muss. Dann wurde ich ja Anfang 2018 Miss Baden-Württemberg, durfte auf der Berliner Fashionweek laufen und habe dann das Youtuber Battle bei Team Ninja Warrior auf RTL gewonnen. Da sieht man auch wieder, dass auch Influencer hart für ihre Ziele arbeiten müssen, denn ich musste wirklich hart trainieren um den Ninja Warrior Parkour zu schaffen. Aber wenn man Spaß dabei hat, klappt alles. Und so hat sich im Laufe der Zeit meine Community gebildet.

Ist Influencer überhaupt ein richtiger Beruf?

Also diejenigen die das pauschalisieren und sagen Influencer können nichts und  machen nur Werbung für irgendwas um Profit zu erzielen, sollten das nochmal überdenken. Als Influencer ist man ja eigentlich Schauspieler, Moderator, Fotograf und Management in einem und wir müssen natürlich auch Steuern bezahlen, ich würde sogar behaupten, noch mehr als andere, weil wir sogar unsere Geschenke, also Produkte, die wir zum Testen bekommen (und die überhaupt keine Einnahmen erzielen) versteuern müssen. Es gibt aber natürlich immer ein paar schwarze Schafe, die tatsächlich durch negatives Auffallen bekannt wurden. Ansonsten behaupte ich, dass die Arbeit eines Influencers äußerst anspruchsvoll ist, aber wenn es einem Spaß macht Content zu produzieren, ist es doch das Schönste, wenn man sein Hobby zum Beruf machen kann.

Sind deine Eltern stolz auf dich?

Meine Eltern hatten (wie viele der älteren Generation) lange Zeit eine sehr konservative Einstellung und dadurch ein anderes Bild von Arbeit und das ist nun mal, das man 10 Stunden – 5 Tage die Woche im Büro sitzt und To-Do Listen abarbeitet. Meine Eltern dachten lange Zeit auch, mein Beruf besteht darin, von einem tollen Urlaubsort an den nächsten zu reisen und nebenher ein paar schöne Bilder in der Sonne zu knipsen. Das ist aber leider nicht die Realität. Kaum jemand sieht, wieviel Arbeit in einem Video steckt. Alleine für das Schneiden eines Videos brauche ich oft länger als einen Tag. Auch die Steuererklärung und die Blogbeiträge schreiben sich leider nicht von alleine. In der Prüfungsphase (ich studiere ja nebenher noch Lehramt) muss ich auch meine Mails zwischen den Vorlesungen schnell beantworten, weil sonst einfach keine Zeit ist. Mittlerweile haben meine Eltern aber gesehen, wie viel Arbeit dahinter stecte und wissen wie viel mir das alles bedeutet und ich bin mir sicher, mittlerweile sind sie stolz, dass ich meinen eigenen Weg geh.

Warum studierst du noch, wenn du doch schon deinen Berufswunsch erfüllt hast?

Ich habe zwei Träume. Einer davon ist es, als Influencer erfolgreich zu sein und ein anderer ist es Lehrerin zu sein. Ich liebe Kinder, aber bereits bei meinem Praktikum in der Schule habe ich gemerkt, dass das nicht so gut zu dem Beruf als Influencer passt, da die Schülerinnen und Schüler in den Pausen Fotos machen oder Tiktoks drehen wollten. Trotzdem will ich zumindest mal den Bachelor machen, um später, falls ich keine Lust mehr habe, als Influencer zu arbeiten, auf etwas zurückgreifen zu können.

Wie funktioniert denn das Influencer Marketing? Schreiben dich die Firmen an?

Firmen sehen natürlich die neue Werbefläche und nutzen diese auch mehr und mehr. Influencer erreichen nun mal unfassbar viele Leute und können diese somit auch von bestimmten Produkten überzeugen. Das ist natürlich positiv und negativ zugleich.

Eigentlich machen Influencer nichts anderes wie Zeitungen oder andere Werbeflächen, wobei ich sogar denke, dass authentische Influencer eher teilen, wenn ein Produkt nicht gut ist, als Zeitungen. Letztendlich liegt die Kaufentscheidung aber immer bei einer Person selbst. 

Und jetzt zu einem wichtigen Punkt: Authentizität. In der Gesellschaft denken viele, das Influencer irgendetwas verkaufen wollen, einzig mit dem Ziel Profit zu bekommen. Und um euch das System mal kurz zu erläutern, man bekommt in der Regel für ein Werbebeitrag immer das Produkt, einen Festbetrag und zusätzlich das Geld, dass ein Follower spart, wenn er dort einkauft. Sprich, wenn jemand meinen 20% Rabatt Code benutzt, bekomme ich die 20% die er spart ausgezahlt. So wird auch gegen FakeFollower oder Bots vorgegangen, denn hätte ich jetzt keine echten Follower sondern Bots aus China oder so (was heute auch schon ein Problem ist) würde ich kein Geld verdienen und die Firmen können das dann durch die eingelösten Rabattcodes erkennen.

Wirbst du also nur für Produkte die dir gefallen? 

Einem Influencer ist es IMMER möglich (zumindest wenn er selbstständig ist), zu entscheiden ob er eine Kooperation annimmt oder nicht und mittlerweile wird wirklich alles beworben. Erst letztens habe ich ein Angebot bekommen, ob ich Werbung mache für 100% Bio Binden, das ist zwar super nachhaltig, aber ich benutze keine Binden, also lehn ich das ab. Und wenn die Firma mir Unsummen an Geld bietet, lehne ich das trotzdem ab, weil ich das nicht brauche. Auch eine 500€ Fitbit Sport Uhr lehne ich ab, nicht weil ich keinen Sport mache, sondern weil ich die Uhr überteuert finde und mir selbst nie gekauft hätte. 

Und zu Ihrer Frage, ja ich mache letztendlich nur Werbung für Produkte, die ich mir auch selber kaufen würde.

Wie denkst du über das Problem mit der Umwelt, Nachhaltigkeit und Co?

Neben tollen, nachhaltigen in Deutschland produzierten Winterjacken für 300€ (auf die ich wirklich auch selbst gespart habe) gehören nun mal auch 8€ Bikinis von Shein aus China zu meinem Kleiderschrank. Ich weiß selbst, dass die Produktion und die Nachhaltigkeit da sehr schlecht ist, aber ich kann das mit meinem Gewissen vereinbaren, weil ich während ich zum Beispiel mal ein 8€ Bikini von Shein kaufe, meine Lebensmittel ausschließlich in Bioläden oder Hofläden in der Gegend. Mein Fokus liegt eher auf Ernährung als auf Textilien. Zum Beispiel werbe ich monatlich für regionale Lebensmittel und ich muss ehrlich sagen, ich habe bisher leider auch keinen Bikini gefunden, der nachhaltig produziert wurde (wobei man da ja eh nie sicher sein kann) und den ich schön finde. Wenn ich mir also irgendeinen Fairtrade Bikini kaufe und der dann 2 Jahre hinten in meinem Schrank liegt, ohne dass ich ihn anziehe, erfüllt das ja auch nicht seinen Zweck. Aber ich bin mir der Problematik natürlich durchaus bewusst und sage auch nach jedem Shein Werbepost, dass ich meine ganze alte Kleidung auf Kleiderkreisel verkaufe und dann ist die meistens auch ganz schnell weg. Deshalb kann ich das mit meinem Gewissen sehr gut vereinbaren. Sowas muss jeder mit sich selbst ausmachen. Natürlich wäre es erstrebenswert, dass ich nur für die perfekten nachhaltigen Produkte Werbung mache, aber das ist mir schlichtweg einfach momentan nicht möglich. Ich kann von meinem Influencergehalt leben, meine Miete bezahlen und auch im Bio Laden einkaufen, aber ehrlich gesagt kann und will ich das auch gar nicht in jedem Lebensbereich, denn dann müsste ich momentan meine Authentizität begraben und sagen, ich werbe für Produkte, die ich selbst nicht kaufen würde. 

Also bist du nicht in jeder Hinsicht ein Vorbild?

Influencer tragen ihre persönliche Meinung nach außen und das ist problematisch, weil diese nicht immer der Vorbildfunktion entsprechen. Mein privates Verhalten ist dann öffentlich und ich bin angreifbar. Ich hab natürlich auch schon öfters Hass-Mails im Briefkasten gehabt, wodurch es mir danach teilweise echt schlecht ging. Heute weiß ich aber, dass man immer irgendetwas Negatives an mir finden wird. Mal ein dummes Beispiel:  Eine Friseurin, die bestimmt unter meinen Followern ist, wird bestimmt sagen, ich pflege meine Haare in irgend einem Video falsch und wird das vielleicht als negativ Beispiel in einer Berufsschule vorführen. Aber man kann nun mal nicht in jedem Bereich Spezialist oder perfekt sein, man wird immer irgendetwas negatives finden, aber vielleicht sollte jeder mal bei sich selbst anfangen. Ich habe das und teste zum Beispiel jedes Produkt das ich empfehle zuerst selbst. Und ich muss leider ehrlich sagen, dass ich hier bei Textilien momentan neben Nachhaltigkeit auch auf Qualität und Aussehen achte. Das mag vielleicht für manche verwerflich sein, aber ich mache das mit reinem Gewissen. Viele reden zum Beispiel schlecht über die Qualität von Shein. Ich habe mir da aber zum Beispiel ein T-shirt für 3€ gekauft und dieses T-shirt zwei Monate auf einer Backpacking Tour durch Peru angehabt und ich trage es immer noch. Es erfüllt seinen Zweck mehr als genug. Ich hatte aber zum Beispiel auch schon ein Tshirt von Green Shirt, einem Öko Label, das Baumwoll T-shirts verkauft und das ging nach nur einer Woche kaputt. Das habe ich dann genau so meiner Community erzählt und wurde somit quasi für Anti-Werbung bezahlt, da ich immer in meinen Vertrag schreibe, dass ich meine ehrlich Meinung sagen werde. Also nochmal, das wichtigste für mich ist es authentisch zu sein und ich denke, das macht mich ein Stück weit auch aus. Es ist natürlich erstrebenswert, ausschließlich für nachhaltige und faire Produkte zu werben und ich denke irgendwann werde ich mir das auch leisten können, denn ich denke man bessert sich da Stück für Stück und durch diese Schritte nehme ich meine Follower stets mit.

Was denkst du zu Dagi Bee? Ist es wahr, dass sie Kindern ihr Taschengeld durch überteuertes Make-up abstauben will?

Dagi Bee hat erst letztens ihr eigenes Make-up rausgebracht, wovon ich übrigens überzeugt bin, dass sie voll und ganz hinter diesem Make-up steht, wobei eben andere finden das ist Schrott. Ich selbst kann zum Beispiel auch nichts damit anfangen, weil ich einfach kaum Lidschatten benutze. Während Sie also mit Blick auf die Verbraucherbildung ein Wert auf Nachhaltigkeit legen, legt eine Kosmetikerin vielleicht eher Wert auf die Pigmentierung des Make-ups. Was ich also eigentlich damit sagen will ist, man kann es nie allen Recht machen, da man immer von irgend einer Seite angreifbar ist.

Natürlich ist es aber ein Problem, dass die ganzen zwölf jährigen Mädchen denken, wenn sie das Make-up von Dagi kaufen, sind sie wie Dagi, Dagi ist schließlich ihr Vorbild. Aber Dagi Bee ist nun mal 24 Jahre und dreht Schminktutorials, was ich auch völlig legitim finde. Das Problem sind doch eigentlich die Eltern, die ihren Kindern mit zwölf Jahren schon ein Handy kaufen. Ich habe übrigens erst mit fünfzehn Jahren, als eine der letzten meiner Schulklasse ein Handy bekommen. Es kommt meiner Meinung auch um den richtigen Umgang damit an.

Da fällt mir auch noch ein gutes Beispiel ein. Letztens habe ich einen Zeitungsbeitrag aus Biberach gelesen, wo die Überschrift war „Influencer haben mich magersüchtig gemacht“. Indem Bericht ging es um ein fünfzehnjähriges Mädchen, die magersüchtig wurde, weil sie immer Influencern nachgeeifert hat. Aber ich finde es auch hier nicht fair, dass die Influencer für die Magersucht dieses Mädchens verantwortlich gemacht werden. Es ist immer einfach, andere für die eigene Misere verantwortlich zu machen und in der heutigen Zeit vor allem die Influencer, weil die so präsent sind.

Ich turne zum Beispiel sehr viel und poste gerne Bilder im Sport BH oder im Bikini, einfach weil ich stolz darauf bin, wie sich mein Körper entwickelt hat und was er kann. Wenn ich also ein Bild poste, wie ich ein Spagat mache und ein Mädchen verletzt sich mutwillig selbst, weil sie das nicht kann, dann tut mir das (mal ganz salopp gesagt) wirklich leid für das Mädchen, aber die Schuld sehe ich dann absolut nicht bei mir.

Aber die Schuldfrage ist natürlich ziemlich schwierig und das sieht jeder anders. Ich will hier auch nochmal betonen, dass meine Meinung dazu eine subjektive Meinung ist und ich selbst diesen Beruf ausübe. Natürlich sehen das Außenstehende wahrscheinlich anders.

Stellen Influencer ihr Leben schöner dar, als es ist?

Es ist ein Problem, das Influencer oft nur zeigen, wie sie im Urlaub an der Sonne liegen, aber liegt das nicht daran, dass wir nichts anderes sehen wollen? Ich habe vor einem Monat einen Post für meine verstorbene Oma gemacht, weil ich so besser damit abschließen konnte. Dieser Post hatte so wenig Reichweite, wie kaum ein anderes Bild. Zeigt das nicht, dass wir vor schwierigen Themen, wie Tod, Nachhaltigkeit oder Fairness einfach die Augen verschließen? Ich glaube das, was Influencer an Content liefern, spiegelt das wieder, was die Gesellschaft sehen will.

Wirst du trotz der geringen Reichweite weiterhin solche Beiträge liefern?

Ja natürlich. Ich habe mir vorgenommen, auf meinem Profil gleich „reinen Tisch“ zu machen und mein Leben so zu zeigen, wie es ist mit allen Höhen und Tiefen, eine Likezahl ändert da wenig.

Ist es nicht gruselig, dass jeder  Fremde alles über dich wissen kann?

Das werde ich tatsächlich öfters gefragt und nein, ich finde das in Ordnung, weil ich mit mir im Reinen bin. Es war ein langer Weg bis zu diesem Gefühl, aber jetzt fühle ich mich sogar wohl dabei. Es ist für mich in Ordnung, dass Fremde wissen, was in meinem Leben abgeht, schließlich hab ich mich dafür entschieden, das zu teilen.  Klar ist es für andere vielleicht komisch, wenn ich beispielsweise in der Stadt angesprochen werde mit „Hey und funktioniert dein Laptop wieder?“ oder „Wie hat die Lachslasagne geschmeckt?“, aber ich freu mich immer und unterhalte mich dann gerne. Es ist immer noch so krass, dass so viele Menschen mein Profil anschauen, ich bin doch nur ein kleines Mädchen vom Land mit einem langweiligen Leben.

Möchtest du noch ein paar abschließende Worte sagen?

Ja, ich würde das Interview gerne mit einem Spruch beenden, den ich oft auch auf Hass Nachrichten antworte.

„Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.“

Das mag jetzt vielleicht wie ein weiterer dummer Spruch klingen, aber je länger man sich damit beschäftigt, desto mehr Sinn macht es.

*Werbung, weil Markennennung


Beitrag veröffentlicht

in

,

von